U2 Baustelle: Ist in der dichtbebauten Neubaugasse überhaupt Platz für eine U-Bahn?

Mit der neuen U2 U-Bahn-Station wird die Neubaugasse zu einem wichtigen und attraktiven Umsteigeknoten zwischen U2 und U3. Bis dahin gibt es einige Jahre Baustelle. Vor Ort kümmert sich Bauabschnittsleiter Gerhard Ullmann um die logistische Herausforderung .

Gerhard Ullmann hat ab 1985 schon für die U3 gebuddelt. Nach Einsätzen für die U1 am Alten Landgut kehrte er nach 36 Jahren bei den Wiener Linien im U-Bahn-Bau zurück an seine damalige Wirkungsstätte in der Neubaugasse. Der 56-jährige HTL-Tiefbauingenieur zeigt auf einem Plan, worüber wir sprechen. „Wir haben die Bohrpfahlarbeiten im Bereich Lindengasse/Kirchengasse für die Herstellung der stützenden Schachtwände gestartet. Wir graben ein Geschoß nach dem anderen hinunter, bis wir bei der Bodenplatte sind, da werden wir ungefähr Anfang 2024 ankommen.“

Die U2 Baustelle in der Neubaugasse ist eine logistische Meisterleistung

Dort, wo Aufgänge und Lifte entstehen, treibt ein Bohrer Bohrpfähle in den Boden, die mit Beton ausgegossen werden. Die dadurch entstehenden Bohrpfahlwände sichern die Baugrube und dienen später als „Außenschale“ der U-Bahn- Station. Wenn dieses Außenskelett fertiggestellt ist, wird in die Tiefe gegraben, Stockwerk um Stockwerk, bis am Ende eine massive, mehrere Meter dicke Bodenplatte hergestellt wird. Der tiefste Punkt wird im Schacht Lindengasse sein, auf 35 Meter, der Fahrgast wird zirka in 30 Meter Tiefe stehen – der tiefste Punkt im gesamten U-Bahn-Netz.

„Dann kommt Gleis für Gleis der Maulwurf vom Matzleinsdorfer Platz bis hierher“, erklärt Ullmann. „Gleichzeitig beginnt in den Schächten der Ausbau, dann folgen Verschalung und Gleisbau bis wir – nach heutigem Zeitplan 2028 – fertig sind und in Betrieb gehen.“

Gerhard Ullmann zeigt, wo gerade gebohrt wird.

Rote Linien auf dem Plan zeigen Kanäle, die im Moment mittig durch den Schacht gehen würden. Der muss an die Seiten des Bauwerks verlegt werden, aber innerhalb des Bauwerks, weil draußen ist kein Platz mehr. Und ja, schaut alles sehr eng aus… „Das ist mehr als eng, wenn wir uns das draußen anschauen, sieht man erst, wie wenig Platz wir für die Baustellen haben“, sagt Ullmann.

Der schmalste Gassenbereich ist in der Lindengasse, dort passt das Bohrpfahlgerät gerade mal so rein, es ist 26 Meter hoch und wiegt 120 Tonnen. Das Bohrgestänge und die Bohrschnecke, die sich in den Boden gräbt, bewegen sich direkt vor den Hausfassaden auf und ab.

Hochkomplexe Logistik

Ullmann, leicht ironisch: „Es war uns natürlich von Anfang an bewusst, dass die AnrainerInnen und die Geschäftsleute eine Riesenfreude haben werden. Aber es ist für den Zeitraum von ein paar Monaten einfach nicht anders zu machen.“ Wenn die Bohrpfähle fertig sind, folgt die Herstellung der obersten Decke. Es verbleiben dann noch bei jedem Schacht kleinere Transportöffnungen, über die Material in den und aus dem Schacht gebracht wird. Die Logistik ist überhaupt die größte Herausforderung.

„Wir haben kaum Platz für Maschinen und Material. Am Alten Landgut hatten wir einen Bauplatz von etwa 10.000 Quadratmeter. Hier sind es nur ungefähr tausend. Materialien vor Ort lagern ist fast unmöglich, die Lkws, die Material von der Baustelle ab-, oder zur Baustelle hintransportieren, warten in einer von drei „Pufferzonen“: Beim Lerchenfelder Gürtel, im Bereich der Volksgartenstraße, oder, für kürzere Aufenthalte, in der Stiftgasse. Wird ein Lkw-Transport von der oder zur Baustelle benötigt, kommen die Lkws gezielt auf Abruf.

Zusammengefasst: Der Bau einer neuen U-Bahn in der dicht bebauten Stadt ist natürlich wesentlich komplexer als auf der grünen Wiese

Ergebnis: Mehr Lebensqualität für die MaHü

Zusammengefasst: Der Bau einer neuen U-Bahn in der dicht bebauten Stadt ist natürlich wesentlich komplexer als auf der grünen Wiese. Er ist aber umso wichtiger, denn gerade hier leben viele Menschen auf engem Raum. Öffentlicher Verkehr ist hier also besonders wichtig. Wenn der U2-Ausbau abgeschlossen ist, wird der 7. Bezirk mehr Fläche zurückgegeben: eine bequeme U-Bahn-Anbindung reduziert nämlich den Bedarf an Autos und schafft schnelle, klimafreundliche Anbindungen durch die gesamte Stadt. Weniger Autos bedeuten weniger Parkplätze und weniger betonierte Straßenfläche – und dafür mehr Platz für Grünoasen und Radverkehr. Damit kommen wir unser Zukunftsvision der autofreien Stadt ein Stückchen näher.

Zukunftsvisualisierung Wiener Linien
Unsere Zukunftsvision: Eine lebenswerte Stadt mit viel Platz für Grünoasen, Öffis und Menschen.

Dieser Artikel erschien in Anlehnung im Teamgeist 07/2021.

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