Von 10. Juni bis 10. Juli strömen hunderttausende Fans in die Fanmeile und zu den zwei Stadien in die französische Hauptstadt. Dieser Publikumsstrom ist auch eine Herausforderung für den öffentlichen Verkehr, zumal die meisten BesucherInnen die Metropole an der Seine mit öffentlichen Verkehrsmitteln erkunden werden. Wie auch in anderen Großstädten ist der öffentliche Verkehr nicht aus dem Stadtbild wegzudenken. Im Vergleich zu Wien (39%) ist der Anteil der Wege, die Pariser mit U-Bahn, Straßenbahn oder Bus zurücklegen (=Modal Split), mit 33% deutlich niedriger. Dennoch eindrucksvoll: Fast 1,5 Milliarden Fahrgäste verzeichneten die Pariser Verkehrsbetriebe zuletzt im Jahr.

Umsteigen von Bus bis Stahlseilbahn
Neben insgesamt 16 Metro-Linien mit 303 Stationen verfügt Paris über neun Straßenbahnlinien, ein dichtes Busnetz sowie die RER-Schnellbahnzüge, die das Zentrum mit den Vorstädten und den Flughäfen verbinden. Rund 12,5 Millionen Menschen leben im Großraum Paris. Auch die bei Touristen beliebte Seilbahn Montmartre Funicular wird vom Verkehrsunternehmen RATP (Regie Autonome des Transports Parisiens) betrieben und kann mit einem gültigen Ticket mitbenutzt werden. 770 Euro kostet eine Jahreskarte in der französischen Hauptstadt.
Die „Tramway d’Île-de-France“ bedient vor allem die Vorstädte von Paris und verbindet diese mit der Innenstadt. In der Vergangenheit wurde die Straßenbahn aus dem Stadtbild verdrängt, seit einigen Jahren erlebt sie aber ein Revival. Mit der Linie T3 fährt die Tram 2006 erstmals auch wieder im Stadtkern. Weitere Streckenverlängerungen sind geplant. Das Busnetz umfasst über 350 Linien und ist fast 4.000 Kilometer lang. Vor allem in den Vororten sind die Busse stark ausgebaut.

Paris von Unten
Morgens startet der Metro-Betrieb gegen 5:30 Uhr. Zu Stoßzeiten verkehren die Züge im Zwei-Vier-Minuten-Takt – auf den vollautomatisierten Linien 1 und 14 gar im Eineinhalb-Minuten-Intervall – bis abends um ca. 0:30 Uhr die letzte U-Bahn in die Stationen einfährt. Eine Nacht-U-Bahn, wie an Wochenenden in Wien, gibt es in Paris derzeit noch nicht.
Paris hat ein geschlossenes U-Bahnsystem, was bedeutet, dass der Zugang zu allen Bahnsteigen durch ein Ticketsystem gesperrt ist. In Paris funktioniert dies zweierlei: mit Drehkreuz und einer Art Bustür. Obwohl die Plastiktüren nur schwer übersprungen werden können, liegt die Schwarzfahrerquote bei fünf Prozent, weil sich manche Fahrgäste zusammen durch die Sperre drängen. In Bussen und Straßenbahnen, wo es keine Sperren gibt, wird die Zahl sogar doppelt so hoch geschätzt. Zum Vergleich: Trotz offenem System waren in Wien gerade einmal 1,8 Prozent der Öffi-NutzerInnen 2015 ohne Fahrschein unterwegs. Auch in geschlossenen Systemen wie in Paris werden also zusätzlich Fahrscheinkontrolleure eingesetzt. Schwarzfahren kostet in Paris übrigens bis zu 75 Euro.

Eine Besonderheit in der Pariser Metro sind jene U-Bahnzüge, die auf Gummireifen unterwegs sind. Die Idee dahinter ist, die Technologie von Zug und Straße zu vereinen. So rollen die gasgefüllten Reifen in einem Leitsystem, welches den Gleisen eines Zuges ähnelt. Bessere Beschleunigung, schnellere Bremsung und leisere Fahrgeräusche verspricht man sich durch dieses System, allerdings um den Preis von höheren Energiekosten und teureren Gleisanlagen als bei der konventionellen Variante. Die Technologie wurde in den 50ern von RATP entwickelt und wurde daraufhin nach Montreal, Santiago, Mexico City und später in weitere Städte exportiert. Eingesetzt werden die Gummireifen auf den Linien 1, 4, 6, 11 und auch auf der vollautomatischen Linie 14.

Mit der Metro zu Marie Curie
Eröffnet im Jahr 1900, befindet sich in Paris – nach London, Glasgow und Budapest – die viertälteste U-Bahn in ganz Europa. Die einzelnen Linien der Metro haben Nummern und sind nach deren Endstationen benannt. Die U-Bahnstationen selbst sind nach bedeutenden Orten und bekannten Persönlichkeiten Frankreichs benannt. Etwa die Station „Pierre et Marie Curie“ der Linie 7 oder der Metrostop „Olympiades“ an der Linie 14.
Überall in der Stadt erkennt man die Metrostationen schon von Weitem. Über 80 der oberirdischen Eingänge sind mit extravaganten Verzierungen oder eindrucksvollen Eisenkonstruktionen gestaltet. Kunstwerke von Hector Guimard im Art-Nouveau-Stil, aber auch neoklassische Kunstwerke oder zeitgenössische Glaskonstruktionen sind an den U-Bahnabgängen und im Pariser Untergrund zu finden.

Vollautomatisch durch den Untergrund
Die Pariser Metro verfügt über zwei vollautomatisierte U-Bahnlinien, 1 und 14. Die Bahnsteige sind hier mit Glastüren versehen, durch welche sie durchgehend von den Gleisen getrennt werden. Erst wenn ein Zug einfährt, öffnen sich die Türen für den Aus- und Zustieg. Aktuell lässt der Pariser Verkehrsbetrieb RATP auch die Linie 4 für einen vollautomatischen Betrieb umrüsten.

In puncto Barrierefreiheit hat Paris noch einiges aufzuholen. Vor allem die Metro stellt für Gehbehinderte eine große Herausforderung dar. Wer sich im Pariser Untergrund bewegt, muss mit verzweigten Gängen, engen Röhren, großen Entfernungen und vielen Treppen rechnen. Wer sich z.B. in der Metrostation „Abbesses“ gegen den Lift entscheidet, muss über zehn Stockwerke lang Stufen steigen. Nur die vollautomatisierte Linie 14 wurde auf der gesamten Strecke barrierefrei gestaltet.